2 Arten von Chatbots
Bei Chatbots handelt es sich grundsätzlich um textbasierte Dialogsysteme, die eine zweiseitige Kommunikation ermöglichen. Dazu gibt es eine Texteingabemaske und eine Textausgabemaske. Der Nutzer kann also in natürlicher Sprache mit dem hinter dem Chatbot stehenden System kommunizieren. In der Regel sind diese Bots auf der Unternehmensseite bzw. der Karriereseite integriert, wo sie die Bewerberkommunikation übernehmen.
Im Wesentlichen unterscheidet man zwischen einfachen Chatbots und solchen, die lernfähig sind.
Die einfachen Chatbots sind so konzipiert, dass sie beim Kommunizieren auf eine Datenbank von Informationen und vorgefertigten Antworten zurückgreifen. Gibt der Nutzer eine Frage ins Chatfenster ein, wird diese in ihre Einzelteile zerlegt und analysiert. Auf bestimmte Schlüsselbegriffe und Strukturen reagiert das System mit den vordefinierten Antworten. Solche Bots bieten den Seitenbesuchern eine erste Orientierung, indem sie einfache Fragen beantworten können. Der Einsatz dieser Technologie ist demnach recht begrenzt, sodass keine richtige Konversation entstehen kann. Bekommt der Bot eine Frage gestellt, die er nicht beantworten kann, fragt er zumindest die Kontaktdaten seines Gegenübers ab. Ein Verantwortlicher kann sich anschließend persönlich beim Interessen zurückmelden. Durch diese Art der Reaktion, geht ein Unternehmen sicher, dass alle Anliegen von Interessenten bearbeitet werden können, selbst wenn der Bot nicht direkt dabei helfen kann.
Anders sieht es bei der zweiten Variante von Chatbots aus. Diese Bots können aufgrund von Künstlicher Intelligenz (KI oder AI für Artificial Intelligence) bzw. sogenannten lernenden Algorithmen weit aus mehr leisten: Sie können z.B. intelligente Antworten auf komplexe Fragen geben oder den Interessenten auf Eignung hinsichtlich der favorisierten Stelle prüfen und ggf. proaktiv passendere Jobangebote vorstellen. Dazu greifen sie auf zahlreiche Daten aus den Bewerbungsunterlagen, Social-Media-Aktivitäten und weiteren Webinteraktionen zu. Dadurch, dass Chatbots mit jeder Interaktion dazulernen, ergeben sich zunehmend weitere Einsatzgebiete.
Vorteile für das Recruiting
Erreichbarkeit
Am Ende des Tages ist ein Chatbot eine Maschine und bekanntlicherweise brauchen Maschinen keinen Schlaf – höchstens eine Ruhepause. Dies ist aber eher bei produzierenden Maschinen der Fall. Ein Chatbot hingegen ist ein computerbasiertes System bzw. ein Algorithmus und braucht daher auch keine Ruhepausen. Er steht seinen Nutzern 24 Stunden an 7 Tagen die Woche zur Verfügung. Mittagspause, Urlaub und krankheitsbedingter Ausfall kommen ebenfalls nie vor. Gerade Spitzenkandidaten sind außerhalb der gängigen Geschäftszeiten auf Jobsuche, da sie tagsüber arbeiten. So bietet sich für die Kommunikation mit solch beschäftigten Personen, der Einsatz des Chatbots besonders an – er ist immer erreichbar.
Die zeitunabhängige Erreichbarkeit bietet den Kandidaten einen hohen Mehrwert. Der Recruiter ist meist sehr ausgelastet und hat nicht immer die Möglichkeit, direkt zu reagieren.
Reaktionsgeschwindigkeit
An den eben genannten Punkt schließt sich die Tatsache an, dass ein Chatbot sofort und in Echtzeit auf Anfragen reagiert. Kandidaten, insbesondere passive, erwarten eine schnelle und direkte Beantwortung Ihrer Fragen, um für sich zu entscheiden, ob die Stelle oder der Arbeitgeber passt. Die Zeiten, in denen Bewerber Tage, Wochen oder sogar Monate auf eine Antwort warten, gehören der Vergangenheit an. Die Maschine sorgt also durch kurze Reaktionszeiten für eine verbesserte Candidate Experience.
Automatisierter Bewerbungsprozess
Der Chatbot kann auch für den Bewerbungsprozess eingesetzt werden:
- Er korrespondiert mit dem Interessenten und beantwortet ihm seine Fragen (z.B. hinsichtlich der gelebten Unternehmenskultur oder konkrete Fragen zum ausgeschriebenen Job).
- Möchte sich der Interessent bewerben, geschieht dies ebenfalls über den Chatbot. Dieser sammelt weitere fehlende Informationen und Dokumente, die für eine vollständige Bewerbung nötig sind.
- Hier findet bereits eine Vorauswahl durch den Roboter statt. Er erkennt anhand der ihm vorliegenden Informationen, ob das Profil zur vakanten Stelle passt oder nicht. Alter, Geschlecht, Herkunft, Religion, Bewerbungsfoto etc. spielen dabei keine Rolle. Die Vorauswahl findet vorurteilsfrei statt. Passt das Profil nicht, kann er alternative Stellen vorschlagen oder den Bewerber ggf. in den Bewerberpool aufnehmen.
- Matcht das Profil mit den Jobanforderungen, leitet der Chatbot die vollständige Bewerbung an den zuständigen Personaler weiter.
- Alle Bewerber werden via Chatbot über die nächsten Schritte im Bewerbungsprozess informiert. Das muss nicht zwingend über den Bot auf der Karriereseite geschehen. Möglich ist gleichermaßen, dass der technische Helfer über andere Messenger, wie z.B. WhatsApp, die nächsten Schritte kommuniziert. Auch im Falle einer Entscheidung, werden die Kandidaten via Bot informiert. Natürlich kann der Chatbot auch Kontaktdaten der verantwortlichen Ansprechpartner preisgeben, falls der Bewerber ein Thema persönlich besprechen möchte.
- Zu guter letzt kann der Chatbot auch Feedback zum Bewerbungsprozess einholen.
Die Nutzung der Chatoberfläche ist den meisten Internetusern bekannt. Diese einfache, intuitive und nutzerfreundliche Art der Bewerbung wirkt sich ebenfalls positiv auf die Candidate Experience aus, da der Umgang mit solchen Oberflächen bekannt ist. Zudem zeigt sich auch eine Zeitersparnis für den Recruiter. Dieser erhält vom digitalen Helfer nur vollständige und passende Bewerbungen. Insgesamt verkürzt sich daher die Time-to-Hire.
Multitasking
Während sich ein Personaler immer nur nacheinander mit den Anliegen der Interessenten auseinandersetzen kann, ist es dem Chatbot möglich, unendlich viele Themen gleichzeitig zu bearbeiten. Anzeichen von Erschöpfung oder das Eintreten von Fehlern bleiben aus.Gerade einfache Aufgaben können gut an den Bot outgesourct werden, der diese dann (teil-)autonom erledigt. Im Vergleich zum Personaler bearbeitet der digitale Helfer mehr dieser Aufgaben in kürzerer Zeit. Somit ist der Chatbot ein verlässlicher, leistungsbereiter Supporter im Office.
Mehrsprachige Antworten
Für Chatbots macht es keinen Unterschied, ob ihr Gesprächspartner Chinesisch, Indisch, Englisch, Deutsch oder Spanisch mit spricht. Sind sie mit den richtigen Daten und Algorithmen ausgestattet, zeigt sich in ihrer Fähigkeit mehrsprachig zu antworten, ein weiterer Vorteil.
Nachteile
Risiken
Bei einem (teil-)autonomen Chatbot stellt sich die Frage nach Risiken und Verantwortung, denn das Verhalten solcher Systeme ist nicht immer vollständig vorhersehbar. Die Selbstständigkeit dieser Bots nimmt im Zuge der KI immer weiter zu. Auch steigt die Menge an Daten, die sie verarbeiten, rasant. Die Speicherung und Protokollierung der laufenden Prozesse und getroffenen Entscheidungen wird daher sehr schwierig. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, in wie weit das Verhalten von Chatbots kontrollierbar ist bzw. sein wird. Fakt ist: Ein Chatbot braucht eine gute Datengrundlage bzw. muss ausgezeichnet programmiert sein. Nur dann können mögliche Fehler, die er machen könnte, vermieden werden.
Ein prominentes Negativbeispiel ist das KI-Tool des digitalen Schwergewichts Amazon. Es wurde 2014 entwickelt, um den Einstellungsprozess neuer Mitarbeiter zu vereinfachen. Die KI sollte Lebensläufe von vorangegangenen Bewerbern analysieren sowie anschließend das World Wide Web nach passenden Kandidaten durchsuchen. Unglücklicherweise stellten die Programmierer fest, dass männliche Profile bevorzugt wurden. Die KI ging davon aus, dass Männer zu bevorzugen sind, da die Datengrundlage auf die sie zugriff, dies suggerierte. Ebenfalls wurden Kandidaten vorgeschlagen, die nicht für die vakante Stelle qualifiziert waren. 2017 fand das Projekt daher sein vorzeitiges Ende.
Wer ist in solchen Fällen verantwortlich, wenn ein Chatbot die falsche Entscheidung trifft? Dies ist eine Frage, die man sich stets vor Augen halten sollte, wenn man diese Maschinen einsetzen möchte. Auch muss klar sein, dass es noch keine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt und somit ein gewisses Grundrisko besteht.
Einwandfreie Umsetzung und Kosten
Ein Chatbot bietet viele Vorteile, keine Frage. Damit ein solcher Bot einer positiven Candidate Experience beiträgt, muss er technisch einwandfrei in das bestehende HR-System als auch auf der Karriereseite des Unternehmens implementiert werden. Dazu gehört auch, dass man ihm relevante Daten zur Verfügung stellt, auf die er zugreifen kann. Es gibt schließlich nichts lästigeres als einen Chatbot, der die gestellten Fragen nicht versteht bzw. einem nicht weiterhelfen kann. Solche Situationen gilt es unbedingt zu vermeiden. Anderenfalls springen Interessenten schnell ab und die Candidate Experience wird als negativ empfunden. Dies schwächt die Employer Brand.
Eine einwandfreie Programmierung und Implementierung eines Chatbots kostet zeitliche und finanzielle Ressourcen. Bevor es zur Realisierung des digitalen Helfers kommt, sollte man sich daher sicher sein, dass der Bedarf wirklich groß genug ist. Anderenfalls lohnt sich der Aufwand nicht.
Fazit
Es bleibt festzuhalten: Ein Chatbot kann ein echter Gewinn für das Recruiting sein: Bei fast allen Aufgaben des Recruiters kann der Chatbot unterstützen oder ganze Arbeitspakete komplett selbstständig übernehmen. Dabei reagiert er schneller und zuverlässig und das rund um die Uhr. Der Personaler hat dadurch mehr Zeit für andere Aufgaben. Ob und in wie weit der Bot eine echte Hilfe ist, steht und fällt mit den Daten, mit denen er gefüttert wird. Je umfangreicher und relevanter diese sind, desto besser wird die Qualität der Kommunikation. Ist das System darüber hinaus technisch optimal programmiert und implementiert, entsteht auch für den Kandidaten ein echter Mehrwert – dies wiederum wirkt sich positiv auf die Candidate Experience aus.
Ein Chatbot wirkt also in verschiedenen Bereichen des HR unterstützend, indem er dem Recruiter Aufgaben abnimmt. In jedem Fall jedoch kann ein digitaler Chatbot niemals einen echten Personaler ganz ersetzen.